Die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) Kaiserslautern von 1955 – 2008

von Akad.Direktor a.D. Dr. Karl-Wilhelm Porger

Nachdem mit dem Ende des 2. Weltkrieges auch die Arbeit der im Jahre 1926 in der damals bayerischen Pfalz als Münchener Zweigstelle errichteten und auch während der NS-Zeit weitergeführten „Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie“ ein Ende gefunden hatte, gründete das neu gebildete Land Rheinland-Pfalz mit Satzung vom 9. November 1954 zusammen mit den Städten Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen, Mainz und Trier sowie den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern und den kommunalen Spitzenverbänden des Landes den eingetragenen Verein „Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Rheinland-Pfalz“. Aufgabe des gemeinnützigen Vereins war es, „auf wissenschaftlicher Grundlage die allgemeine und berufliche Fortbildung der Angehörigen des öffentlichen und privaten Dienstes zu fördern“. Vorsitzender war kraft Amtes der jeweilige Innenminister. Der Verein gehörte kraft Satzung von Anfang an dem bereits 1950 gegründeten „Bundesverband Deutscher Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademien“ mit Sitz in Köln an.

Unmittelbar nach der Gründung der Landes-VWA begann in Kaiserslautern der 1. Studienlehrgang. Dieser wurde am 25. März 1955 in Anwesenheit des damaligen Leiters der Zweigstelle (später: Zweiganstalt) Kaiserslautern, dem Präsidenten der ehemaligen Bezirksregierung Pfalz in Neustadt/Wstr., Dr. Pfeiffer, sowie zahlreichen Vertretern aus Politik, Verwaltung, Kirchen, Gewerkschaften, wie auch der amerikanischen und französischen Besatzungsmächte mit einem Festvortrag  des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, Dr. Süsterhenn, eröffnet. Im Wintersemester 1958/59 meldeten sich von den ursprünglich 294 Teilnehmerinnen und Teilnehmern 59 Personen zur Prüfung, von denen 43 bestanden, und zwar 30 mit dem Verwaltungsdiplom und 13 mit der bis in die 70er Jahre angebotenen besonderen Form des Kommunaldiploms. Wirtschaftshörer gab es erst im 2. Lehrgang vom Sommersemester 1959 an mit insgesamt 250 Hörerinnen und Hörern in Kaiserslautern und Neustadt/ Wstr., von denen am 11. Mai 1963 aus dem Kurs in Kaiserslautern 32 das Verwaltungs-, 11 das Kommunal- und immerhin schon 17 das Wirtschaftsdiplom erhielten. Vorausgegangen war ein Studium von 6 Semestern zuzüglich eines Prüfungssemesters in den Räumen der „Neuen Eintracht“ am Kolpingplatz in Kaiserslautern mit einer Semestergebühr von 27,50 DM.

Neben dem 3. Studienlehrgang, der vom Wintersemester 1963/64 an in Neustadt/Wstr. stattfand, wurde in Kaiserslautern im Auftrag des damaligen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Sport der erste „sozialpädagogische Lehrgang“ durchgeführt, in dem Verwaltungssachbearbeiter aus der öffentlichen Jugendhilfe in 3 Semestern mit Abschlussprüfung ihre Fachausbildung erwerben konnten. Ein solcher Lehrgang fand nochmals in den Jahren 1972 – 1974 in Neustadt/Wstr. statt, in dessen Verlaufe der Verfasser dieses Beitrags seine ersten Vorlesungen als VWA-Dozent zu dem damals hochaktuellen Thema „Sozialplanung in Sanierungsgebieten“ hielt.

Im Verlaufe des 4. Studienlehrgangs in Kaiserslautern, der am 25.9.1971 mit 101 Absolventinnen und Absolventen abschloss, darunter 47 mit dem Verwaltungs- 13 mit dem Kommunal- und 41 mit dem Wirtschaftsdiplom, übernahm am 1. April 1971 der neu an die damalige Doppeluniversität Trier-Kaiserslautern in Kaiserslautern berufene Professor für „Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Rechtslehre des Bauwesens, der Raumplanung und des Umweltschutzes“ , Dr. Rudolf Stich, die Studienleitung der VWA Kaiserslautern, die bis dahin der Leiter des Rechtsamts der Stadt, StRDir. Westrich, innegehabt hatte.

Diese Funktion als Studienleiter sollte Prof. Dr. Stich fast 29 Jahre lang ausüben und in dieser Zeit die VWA in Kaiserslautern und Rheinland-Pfalz maßgeblich prägen. Als überzeugter und unermüdlicher Streiter für eine anspruchsvolle Weiterbildung in der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft war er in der Folgezeit verantwortlich für neun reguläre Studiengänge, deren Inhalte und Qualität er durch die Ausgestaltung des Lehrangebots, die Auswahl der Dozenten und nicht zuletzt durch seine eigene Lehrtätigkeit maßgebend bestimmte. In jeweils 6 Semestern Lehrveranstaltungen mit einem Umfang von rund 850 Unterrichtsstunden dienstags und samstags zuzüglich einem Repetitions- und Prüfungssemester absolvierten in dieser Zeit rund 650 Hörerinnen und Hörer die VWA, mit der Folge, dass etwa in den in den 70er Jahren in Rheinland-Pfalz neu gebildeten Verbandsgemeinden die Führungspositionen einschließlich der Bürgermeister in der Pfalz weithin mit VWA-Absolventen besetzt waren, die ihre erreichte Stellung – auch – auf ihr Fortbildungsstudium bei der VWA Kaiserslautern zurückführen konnten. Allerdings nahm mit der weiteren Qualifizierung der Ausbildung des gehobenen Dienstes durch die in Rheinland-Pfalz  neu eingerichtete Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Mayen die Zahl der Verwaltungshörerinnen und -hörer kontinuierlich ab. Dies führte dazu, dass zunächst das ursprünglich angebotene Kommunal-Diplom entfiel und nach dem Abschluss „Betriebswirt/in (VWA)“ für die Wirtschaftshörer/innen unter gleichzeitiger Verstärkung der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer für die Verwaltungshörer/innen der/die „Verwaltungs-Betriebswirt/in (VWA)“ eingeführt wurde. Darüber hinaus mussten in den 80er Jahren die zahlenmäßig recht erfolgreichen Studienlehrgänge in Neustadt/Wstr. aufgrund des anhaltenden Widerstands der Hausmeister des dortigen Schulzentrums gegen Lehrveranstaltungen an Samstagen eingestellt werden.

Neben den regulären Studiengängen war es für Prof. Stich ein besonderes Anliegen, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Wirtschaft und Verwaltung die Möglichkeit zu geben, sich zum einen vertieft mit grundlegenden Aspekten  ihres Tätigkeitsbereichs zu befassen und sich zum anderen über neue  Entwicklungen und Rechtsvorschriften zu informieren. Aus diesem Grunde bot die VWA Kaiserslautern regelmäßig ein- und mehrtägige Fachtagungen und Seminare an verschiedenen Orten der Pfalz an, wie etwa in Grünstadt, Dirmstein, Eisenberg, Johanniskreuz und Kaiserslautern oder sogar bei der Bereitschaftspolizei in Enkenbach-Alsenborn. Dabei ging es z.B. um das „Verhältnis von Bürgern und Verwaltung im demokratischen Rechtsstaat“, um „Rhetorik in Wirtschaft und Verwaltung“ mit dem damaligen Oberbürgermeister von Kaiserslautern, Dr. Hans Jung, aber auch um aktuelle Regelungen des Städtebau-, Verwaltungsverfahrens- oder Umweltrechts. „Renner“ dieser Veranstaltungen war ein 4 x 2tägiges Seminar zum „Privaten und öffentlichen Grundstücksrecht“ sowie ein 5-teiliges Seminar zu den „Grundlagen des Vertragsrechts in Wirtschaft und Verwaltung“, die beide von Prof. Dr. Merle (Universität Mainz) und dem Verfasser dieses Beitrags konzipiert und durchgeführt sowie auch an andere  Akademien „exportiert“ wurden. Zwischen 1971 und 1987 führte die VWA Kaiserslautern 61 solcher Veranstaltungen mit insgesamt 5 297 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch; in den Jahren danach waren es sicherlich nicht viel weniger.

Auch organisatorisch gab es in dieser Zeit eine Reihe von Veränderungen. So ging die Leitung der Teilanstalt, die ursprünglich bei dem Präsidenten der ehemaligen Bezirksregierung Neustadt/Wstr. lag, auf den Oberbürgermeister der Stadt Kaiserslautern über. Auf Wunsch von Prof. Dr. Stich, der die VWA Verwaltung in seinem Lehrgebiet konzentrieren wollte, übernahm der Verfasser dieses Beitrags als sein wissenschaftlicher Mitarbeiter 1981 die Geschäftsführung, die bis dahin von Herrn StAmtm. Werner Schneider von der Stadtverwaltung Kaiserslautern wahrgenommen worden war. 1987 übergab Frau Helmine Ringle die Rechnungsführung, die sie über 30 Jahre lang ausgeübt hatte, aus Altersgründen an die Sekretärin des Lehrgebiets, Frau Sigrid Schwarz. Aus Praktikabilitäts- und Imagegründen fanden die Lehrveranstaltungen bereits seit längerem nicht mehr in der „Neuen Eintracht“, sondern in den Vorlesungsräumen der Universität statt. Schließlich waren, um die Nähe der VWA zur Universität weiter zu betonen, Festvorträge der jeweiligen Präsidenten oder von Professoren der Universität regelmäßig Teil der Eröffnungs- und Abschlussveranstaltungen der Studiengänge.

Nach der Emeritierung von Prof. Dr. Stich im Jahre 1993 legte dieser am Ende des 13. Studiengangs mit Wirkung vom 31. Oktober 1999 auch sein Amt als Studienleiter nieder. Sein Nachfolger wurde der Verfasser dieses Beitrags; die Geschäftsführung übernahm ein anderer wissenschaftlich Mitarbeiter des Lehrgebiets, Dr. Andreas Hofmeister. In dieser Besetzung wurden in den folgenden Jahren zwei weitere Studiengänge durchgeführt, wobei es aufgrund des doch recht kleinen Einzugsbereichs der Teilanstalt, der allgemeinen wirtschaftlichen Situation in der Westpfalz sowie des zunehmenden Angebots an Fortbildungsmöglichkeiten zunehmend schwieriger wurde, die für eine wirtschaftliche  Durchführung der Lehrgänge notwendige Zahl von Hörerinnen und Hörern zu erreichen. Mit Ende des 15. Studienganges mit 64 Absolventinnen und Absolventen beendete der Verfasser dieses Beitrags nach seinem altersbedingten Ausscheiden als wissenschaftlicher Mitarbeiter zum 31.3.2008 am 31.12.2008 auch seine Tätigkeit als Studienleiter der VWA Kaiserslautern. Neuer Studienleiter wurde der Nachfolger von Prof. Dr. Stich im Lehrgebiet „Öffentliches Recht“, Prof. Dr. Spannowsky.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die VWA Kaiserslautern im Berichts-Zeitraum die ihr nach der Satzung der VWA Rheinland-Pfalz obliegende Aufgabe, „auf wissenschaftlicher Grundlage die allgemeine und berufliche Fortbildung“ der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft zu fördern, vor allem aufgrund des Engagements ihres langjährigen, inzwischen verstorbenen Studienleiters, Prof. Dr. Stich, in einer Weise bewältigt hat, die Anerkennung verdient, weil sie für ein halbes Jahrhundert einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Qualität der Aufgabenerfüllung in der pfälzischen Verwaltung und Wirtschaft hatte. Doch darf diese Erfolgsbilanz kein Anlass zum Ausruhen sein. Vielmehr muss auch die VWA Kaiserslautern im Hinblick auf die schon eingetretenen und sich abzeichnenden Veränderungen in Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft ihr Fortbildungsangebot auf den Prüfstand stellen und durch organisatorische und inhaltliche Maßnahmen gewährleisten, dass ihre Stellung als allgemein anerkannter, qualifizierter Träger der Fortbildung für die Angehörigen von Wirtschaft und Verwaltung in der Pfalz weiter erhalten und ausgebaut wird.